Ein Mann in einem dunklen Anzug und mit Sonnenbrille steht lächelnd im Freien, mit roten Dächern und einem üppig grünen Hügel mit einem Uhrenturm im Hintergrund unter einem teilweise bewölkten Himmel.
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Gutes gut tun

Oliver Szmej, Gesamtleiter des Krankenhauses Barmherzige Brüder in Graz, über 410 Jahre gelebte Hospitalität im Wandel der Zeit, neue Versorgungsmodelle für die Bevölkerung und die herausfordernde Zukunft des Gesundheitssystems.

Seit 1615 ist der Orden der Barmherzigen Brüder in der steirischen Landeshauptstadt verankert. Ordensstifter Johannes von Gott wurde einst mit seiner revolutionären Einstellung zur Krankenpflege für alle Hilfesuchenden vom spanischen Granada aus zum Wegbereiter des modernen Krankenhauswesens. Begonnen hat in Graz alles in einem „Stadl“ mit zwölf Betten in der Murvorstadt. Heute stehen den Patienten 362 Betten in sechs Fachabteilungen zur Verfügung. Die Institute für Labordiagnostik, Nuklearmedizin und Radiologie unterstützen die Abteilungen in der Diagnostik. Darüber hinaus betreiben die Barmherzigen Brüder unter anderem Primärversorgungszentren in den Regionen – ein Bereich, der sukzessive ausgebaut wird.

Was bedeutet das Ordensprofil der Barmherzigen Brüder Graz heute für die tägliche Arbeit?
Die Barmherzigen Brüder Graz sind das älteste Krankenhaus in der Steiermark, im Jahr 2015 durften wir unser 400-Jahr-Jubiläum feiern. Über die Jahrhunderte mit Kriegen, Naturkatastrophen und gesellschaftlichen Umwälzungen hinweg hat es der Orden immer wieder geschafft, die Hospitalität im Sinne von Ordensgründer Johannes von Gott an die jeweilige Zeit und die Bedürfnisse der Menschen anzupassen: Gutes tun und es gut tun.

Ein Mann in einem dunklen Blazer und mit Sonnenbrille steht im Freien und lächelt. Im Hintergrund sind eine hügelige, grüne Landschaft und historische Gebäude, darunter ein Uhrenturm, zu sehen.
Oliver Szmej, Gesamtleiter der Barmherzigen Brüder Graz, über das Krankenhaus im Wandel und die Versorgung im ländlichen Bereich.

Was waren die größten Veränderungen in den vergangenen Jahren?
2014 haben wir die beiden selbstständigen Krankenhäuser in der Marschallgasse und in Eggenberg zu einem Krankenhaus mit zwei Standorten zusammengeführt. Drei Jahre später wurde im Zuge des „Regionalen Strukturplan Gesundheit 2025“ die Idee einer ordensübergreifenden Kooperation mit dem Krankenhaus der Elisabethinen Graz in Angriff genommen. Wir haben die Abteilungen Anästhesiologie, Chirurgie und HNO von den Elisabethinen übernommen, sie von uns die Abteilungen Neurologie und Psychiatrie-Psychotherapie in Eggenberg. Diesen Standort zu verlassen, war für uns alle eine emotionale Herausforderung. Mitarbeiter mussten den Arbeitgeber wechseln und als Team neu zusammenwachsen. Unser mehr als 400 Jahre alter Standort Marschallgasse wurde ab 2019 groß um- und ausgebaut und 2022 neu eröffnet. Wir haben den operativen Bereich verdoppelt – heute gibt es acht hochmoderne Operationssäle. Auch die Intensivstation wurde von neun auf 15 Betten aufgestockt.

„In den letzten Jahren haben wir mit öffentlicher Unterstützung an die 100 Millionen Euro in die Zukunft des Krankenhauses investieren dürfen.“

Oliver Szmej
Gesamtleiter des Krankenhauses Barmherzige Brüder in Graz

Was bedeutet diese Entwicklung für das Haus und seine Positionierung? Der operative Schwerpunkt ist bei uns sehr stark geworden, durch die Zusage der Öffentlichen Hand konnten wir heuer das Roboter-Operationssystem Da Vinci bei uns etablieren. Es ermöglicht minimalinvasive Operationen mit höchster Präzision, geringere postoperative Schmerzen, eine schnellere Genesung und ein reduziertes Risiko für Komplikationen. In den letzten Jahren haben wir mit öffentlicher Unterstützung an die 100 Millionen Euro in die Zukunft des Krankenhauses investieren dürfen. Das ist eine Bestätigung dafür, dass das Land Steiermark uns als einen verantwortungsvollen und verlässlichen Partner in der Versorgung der Steirer sieht. Seit 2016 sind wir in der Akutversorgung verankert, Patienten können ohne Zuweisung mit der Rettung zu uns gebracht werden. Schon während der Pandemie haben wir gesehen, dass es den Zusammenhalt aller Krankenhäuser braucht und diese ihre Ressourcen und Kräfte bündeln müssen.

Barmherzige Brüder

In der Österreichischen Ordensprovinz mit Standorten in Österreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei betreiben die Barmherzigen Brüder mit rund 9.640 Mitarbeitenden an rund 30 Standorten zwölf Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime, Lebenswelten für Menschen mit Behinderungen, eine Therapiestation für Drogenkranke, Apotheken, Hospize sowie Kur- und Wellnesseinrichtungen. Weltweit ist der Orden in 54 Staaten mit 410 Einrichtungen vertreten. Der Standort in Graz besteht seit 410 Jahren.

Ein Mann in Anzug und Krawatte lächelt im Freien vor einem modernen Gebäude mit großen Fenstern und geometrischen Schatten an der Wand.

„Egal, wo jemand lebt, die Gesundheitsversorgung darf keinen Unterschied machen. Ein Wert, den auch die Barmherzigen Brüder seit nunmehr 410 Jahren hier in der Steiermark leben. Heute sind sie uns ein verlässlicher Partner – sowohl in der Versorgung als allgemein öffentliches Krankenhaus mit Spezialtherapien als auch in Gesundheitszentren im ländlichen Raum. Gemeinsam arbeiten wir daran, die Versorgung für die Steirerinnen und Steirer zu verbessern.“

Karlheinz Kornhäusl
Gesundheitslandesrat

Das Credo der Hospitalität wird immer wieder speziellen Bedürfnissen angepasst?
Ja, ein Beispiel dafür: Die Barmherzigen Brüder haben – österreichweit einzigartig – vor 20 Jahren die erste Gehörlosenambulanz etabliert. Mittlerweile gibt es vier solcher Ambulanzen in ganz Österreich, drei davon werden von den Barmherzigen Brüdern betrieben. Eine davon befindet sich in unserem Krankenhaus. Es macht uns stolz, weil wir wieder eine Form gefunden haben, dem Ordensauftrag unseres Gründers zu entsprechen.

Welche Themen werden in den kommenden Jahren entscheidend sein?
Wie für alle Krankenanstalten ist es für uns herausfordernd, genügend Fachpersonal zu finden. Wir konnten das bislang recht gut meistern, aber auch wir haben aktuell noch einige Betten gesperrt. Darüber hinaus ist markant, dass es in der Stadt einen Pflegekraftmangel, in der Peripherie ein Besetzungsproblem für Arztstellen gibt – vor allem im niedergelassenen Bereich. Wir sind als Krankenanstaltenträger daher auch im extramuralen Bereich tätig und betreiben Gesundheitszentren. Diese sehen wir als zentralen Bestandteil der Versorgung. Die Steiermark mit den konfessionellen Krankenanstalten ist hier in einer Vorreiterrolle, andere Bundesländer würden dieses Modell gerne etablieren. Für die Ärzteschaft bieten Gesundheitszentren die Sicherheiten einer Anstellung und die Möglichkeit, sich in ihrer Arbeitszeit wieder voll auf den Patienten zu fokussieren. Um Buchhaltung, Materialbeschaffung, Reinigung etc. kümmert sich die Krankenanstalt.

Was können Gesundheitszentren dieser Art leisten?
Es braucht einfach mehr Entlastung der Krankenhäuser. Primärversorgungseinheiten bieten Patienten eine wohnortnahe, schnelle und umfassende medizinische Betreuung auch zu Randzeiten. Seit drei Jahren gibt es die von den Barmherzigen Brüdern betriebene Ambulanz für Gynäkologie in Zeltweg, auch das erste Kinder-Gesundheitszentrum der Steiermark ist hier entstanden. Durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Gesundheitsberufe und lange Öffnungszeiten wird die Versorgungssicherheit gestärkt – insbesondere auch in ländlichen Regionen. Wir wollen den Patienten einen „one-stop-shop“ mit Ärzten, Pflege und Therapeuten bieten. Eine solche Primärversorgungseinheit betreiben wir auch in Fohnsdorf und demnächst in Leoben.

Wird dieser Bereich noch weiter ausgebaut?
Die Gesundheitszentren haben sich als Erfolgsmodell herausgestellt, insbesondere im ländlichen Raum. Im Bereich der Primärversorgung liegt es am Land Steiermark zu definieren, wo weitere Zentren entstehen sollen, aber es werden sicher noch einige folgen. Ein neues Gesundheitszentrum wird es zudem im SVS-Gebäude am Campus der Wirtschaft auf dem WKO Areal in Graz geben. Dort liegt der Schwerpunkt in der Prävention und Sekundärversorgung mit Facharzt-, Diagnose- und Therapiezentrum. Die Eröffnung ist für 2027 geplant.

Ein Mann mit kurzen Haaren, Bart und Brille, der einen marineblauen Blazer und ein weißes Hemd trägt, steht im Freien an einer Glaswand, schaut nach rechts und lächelt leicht.
Hospitalität im Sinne von Ordensgründer Johannes von Gott: Szmej analysiert Bedürfnisse und Bedarf.

Wie wird sich die Versorgung in Zukunft entwickeln?
Ein stationärer Aufenthalt sollte für Patienten immer die Ultima Ratio sein. Im internationalen Vergleich ist das ambulante Leistungsservice in Österreich allerdings noch nicht so weit gereift. Die Anzahl an voll-stationären Betten geht mit den medizinischen und technischen Möglichkeiten aber Schritt für Schritt nach unten. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Ich bin 2015 an den Nasennebenhöhlen operiert worden. Der Operateur hat mir gesagt, er selbst war vor Jahren dafür noch 14 Tage im Krankenhaus. Ich bin bereits am dritten Tag nachhause gegangen. Da ist der Fort-schritt groß. Lange Krankenhausaufenthalte gehören immer öfter der Vergangenheit an, man geht auch viel schneller in eine Teilbelastung.

Welche Rolle wird Künstliche Intelligenz künftig im Krankenhausbereich spielen?
Da warten spannende Entwicklungen, wir wollen auch in diesem Bereich Vorreiter sein. Eine essenzielle Frage für unterschiedliche Bereiche ist: Wie stabil sind diese technischen Systeme, wer trägt die Verantwortung und Haftung? Schon jetzt kann uns Künstliche Intelligenz bei der Interpretation von bildgebender Diagnostik unterstützen. Die Qualitätssicherung obliegt jedoch immer einem Arzt. Da hat die Zukunft gerade erst begonnen – auch im nicht-medizinischen Bereich. Es gibt bereits roboterbetriebene Küchen, die Speisen aus einer Auswahl von 80 Gerichten in wenigen Minuten produzieren können. Wie weit da diätologische Parameter und spezielle, patientenorientierte Anforderungen schon Berücksichtigung finden, muss geprüft werden, aber die Zukunft wird in diese Richtung gehen.

Auf welchen Erkrankungen wird künftig ein noch stärkerer Fokus liegen?
Da wir alle immer älter werden dürfen, sind auch immer mehr Menschen von einer onkologischen Erkrankung betroffen. Darauf liegt ein starker Fokus. Die Behandlung onkologischer Patienten ist zum Glück vielfach auch tagesklinisch möglich. Eine Chemotherapie ist heute individuell zugeschnitten, die Verträglichkeit weit besser. Mittlerweile haben wir in diesem Zusammenhang bereits an die 15.000 Patientenfrequenzen pro Jahr. Wir müssen die Strukturen dafür bereitstellen. Gleichzeitig steigen die Behandlungskosten – eine Herausforderung für die öffentliche Hand.

Ein modernes weißes Gebäude mit großen Fenstern und einem gläsernen Eingang steht neben einem hellbraunen Gebäude; an der Fassade befindet sich ein dekoratives Emblem, und an der unteren Wand sind bunte geometrische Muster aufgemalt.

Die Zahl der Operationssäle wurde im Zuge des großen Um- und Ausbaus verdoppelt.

In den letzten Jahren wurden an die 100 Millionen Euro investiert – zuletzt in das Roboter-Operationssystem Da Vinci.

Zwei Chirurgen in Kitteln und Masken führen eine Operation in einem Operationssaal durch, der mit medizinischen Geräten, chirurgischen Werkzeugen und hellen Deckenleuchten ausgestattet ist. Ein Patient liegt auf dem Tisch, der mit grünen OP-Tüchern abgedeckt ist.

Wie handhaben die Barmherzigen Brüder den sensiblen Umgang mit Ressourcen
Da geht es um eine entsprechende Wertehaltung. In der Hospitalität finden sich mehrere Dimensionen: Respekt, Verantwortung, Qualität und Spiritualität. Respekt steht für den wertschätzenden Umgang miteinander. Qualität ist mit einer hohen Verantwortung verknüpft – auch gegenüber der Schöpfung. Auch wir als Krankenhaus müssen unseren Beitrag leisten und mit gutem Beispiel vorangehen. Gerade in einem Bereich in dem – aus hygienischen Gründen – sehr viele Einmalprodukte verwendet werden und große Mengen an Abfall anfallen, müssen wir uns überlegen wo wir den Verbrauch optimieren können. Nur ein Beispiel dafür ist unsere leistungsstarke Photovoltaikanlage auf dem Dach oder das Narkosegasrecycling in der Anästhesie. Was betrieblichen Umweltschutz betrifft: Seit 2019 sind die Barmherzigen Brüder Graz nach dem Standard EMAS III zertifiziert.

Wie haushalten Sie mit Ihren ganz persönlichen Ressourcen?
Mich hat ein Kollege in besonderer Weise sensibilisiert, er ist in ein Burnout geschlittert. Ich nehme mir bewusst Auszeiten, etwa um mit dem Rad in die Berge zu fahren. Denn man hat nicht nur das Recht, sondern die absolute Pflicht auf seine eigene Gesundheit zu achten.

In Kooperation mit Barmherzige Brüder
Infos hier: www.barmherzige-brueder.at

Fotos: Oliver Wolf, Barmherzige Brüder

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