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„Eine schöne Wertschätzung“

Über 14.000 Personen stimmten für die Apothekerin/den Apotheker des Jahres ab. Ein Gespräch mit der Präsidentin der steirischen Apothekerkammer, Alexandra Fuchsbichler, über viel Lob und auch etwas Tadel.

Was sagt die enorme Voting-Teilnahme über den Stellenwert der Branche aus?

Damit bestätigt sich die nachgewiesen hohe Wertschätzung, die Apotheken in der Bevölkerung haben. Bei diesem Voting wurden jene belohnt, die ganz vorne stehen. Es ist schön, wenn sich Kundinnen und Kunden die Mühe machen, ihnen zu sagen: Sie machen das sehr gut.

Die meisten Stimmen gingen an Apothekerinnen. Abgesehen davon, dass die Branche aufgrund der flexiblen Arbeitszeitmodelle weiblich wurde, was machen Frauen anders?

Gesundheit ist sehr oft das Thema der Frauen in den Familien. Daher bietet sich dieser Beruf auch für Frauen an – abgesehen von flexiblen Arbeitszeiten, Teilzeitmodellen, gleiches Gehalt für gleiche Arbeit.

Welche Rolle spielt die Apotheke als Schnittstelle zwischen Kunden und dem medizinischen Bereich?

Jeder erzählt seine Beschwerden lieber einem Menschen im Gegenüber. Die wichtige Rolle der Apotheke wird meiner Meinung nach von der Politik und dem Gesundheitssystem zu wenig genutzt.

Inwiefern?

Wir haben die Möglichkeiten, zu helfen, wir sind flächendeckend vertreten, haben lange Öffnungszeiten. Bei uns ist permanent pharmazeutisch geschultes Personal vor Ort. Die Apotheken können durchaus triagieren, Patientenströme lenken und so die niedergelassenen Ärzte entlasten.

  • Österreich hat 1.438
    Apotheken
  • 86 % der Belegschaft ist weiblich.
  • Pro Jahr werden 300 Millionen Packungen Medikamente abgegeben,
  • 68,4 % bezahlt die Kasse,
  • 31,6 % sind private Leistungen.
  • Pro Jahr steigt in der Branche unter anderem aufgrund von Neugründungen die Zahl der Arbeitsplätze um 22 % oder 4.500 neue Stellen.
  • In den österreichischen Apotheken werden 1.400 Lehrlinge ausgebildet.

Wie sähe eine Lösung aus – in Apotheken dürfen ja keine Diagnosen gestellt werden?

In der Schweiz arbeiten Apotheken für gewisse Indikationen mit einem Anamnesebogen zur Orientierung, oft lassen sich auch durch POC (Point of Care)-Messungen Entscheidungen treffen. Das ließe sich weiterdenken, indem in abgelegenen Regionen mit schlechter ärztlicher Versorgung telemedizinisch weitergearbeitet wird. Oder nehmen wir die extrem niedrige Durchimpfungsrate in Österreich her: Diese würde sich massiv erhöhen, dürften Apotheker nach vorgegebenen Richtlinien Standardimpfungen durchführen. Man könnte ein Präventionskonto auf der E-Card einrichten, für Impfungen oder die Bestimmung von Blutwerten, wie den Langzeitblutzuckerspiegel, Lipide oder Eisenwerte. Es wäre eine Win-win-Situation für alle.

Welche Auswirkungen hätte das auf unser eigentliches Schwerpunktthema, die Prävention?

Jeder Gesundheitsökonom kann bestätigen, dass solche Vorschläge zu einer besseren Gesundheitsvorsorge führen würden. Je mehr Prävention, desto weniger Menschen sitzen in den Ambulanzen. Doch wenn in öffentlichen und politischen Gremien über die Erneuerungen im Gesundheitssystem gesprochen wird, kommen wir Apotheker kaum bis gar nicht vor. Wir könnten so viele Medikamente einsparen, würde man ausgebildete Apothekerinnen mit der Medikationsanalyse betrauen. Es gibt Doppelverordnungen, es werden Nahrungsergänzungsmittel eingenommen, die kontraindiziert sind, die Menschen ins Spital bringen. Dazu gibt es auch Zahlen.

Erlauben Sie uns zum Schluss noch etwas Ironie: Ist die Apotheke noch die sprichwörtliche Goldgrube?

Nein. 58 Prozent der verschriebenen Medikamente sind sogenannte Hochpreiser mit sehr geringen Spannen. Steigende Umsätze bedeuten daher leider nicht, dass es den Apotheken besser geht. Ganz im Gegenteil, durch die massive Kostensteigerung im Bereich Personal und Betriebskosten, die teuren Nachtdienste und vieles mehr müssen die Betriebe aus den privat erzielten Verkaufserlösen querfinanzieren. In jeder 5. Apotheke verdient der Konzessionär weniger als seine Mitarbeitenden. Aber ich bin optimistisch, es wird sich auch für die die nachfolgenden Generationen lohnen, eine Apotheke zu führen. Sie werden die Herausforderungen nur anders lösen.

Foto: Daniela Müller

Banner mit dem Text "trinkvergnügen" und "Über 450 Weine & Champagner einfach online bestellen." Rechts zeigt ein Foto zwei Gläser Rotwein auf einem Holztisch im Freien bei Sonnenuntergang.