
„Gute Entscheidungen müssen nicht laut sein“
Wolfgang Sieder, Partner der Bank Gutmann, im Interview mit „SPIRIT of Styria“ über unternehmerisches Denken in der Vermögensverwaltung, die Besonderheit des Gutmann-Aktienportfolios, den „Luxus einer Meinung“ bei Investmententscheidungen, das Marktpotenzial in der Steiermark und „Ruhe im Lärm“ als Mehrwert.
„Wir investieren in Unternehmen, nicht in den Aktienmarkt“, lautet das Credo der Bank Gutmann. Was steckt dahinter?
Es spiegelt unsere Philosophie wider. Wir sind keine Trader, sondern denken bei unseren Investments stets unternehmerisch. Das heißt, wir sehen Aktien als Beteiligung am nachhaltigen Geschäftserfolg eines Unternehmens und nicht als Spekulationsinstrument. Wir setzen auf langfristige Wertsteigerungen – sei es durch Unternehmenswachstum oder Dividenden. Kurzfristige Gewinnmaximierung ist nicht unser Ziel.
Das Aktienportfolio von Gutmann umfasst 50 Einzeltitel. Wie setzt sich dieses zusammen?
Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche: Beteiligungen an erfolgreichen Unternehmen. Bei der Auswahl der Titel legen wir Wert auf eine hohe Diversifizierung. Entscheidend für uns ist eine breite Streuung über unterschiedliche Branchen. Bei unseren Kernbeteiligungen fokussieren wir uns auf sechs Themenbereiche: Die Palette reicht von Digitalisierung bis hin zu Unternehmen mit soliden Dividendenzahlungen. Wir schauen uns jeweils die Strategie und das Geschäftsmodell der Unternehmen genau an und tauschen uns regelmäßig mit diesen Unternehmen aus, um jederzeit relevante Informationen parat zu haben.
Wie oft ist es nötig, das Portfolio anzupassen?
Wir passen unsere Portfolios im Drei-Monats-Rhythmus an und drehen immer wieder an kleinen Schräubchen, ohne sprunghaft hin- und herzuswitchen. Im Schnitt sind es drei bis vier Titel pro Jahr, die wir tauschen. Was unser Portfolio besonders macht: Die ausgewählten 50 Titel sind alle gleichgewichtet – entsprechen also jeweils genau 2%. Diese Gleichgewichtung stellen wir jedes Quartal wieder her. Das bedeutet, dass wir Titel, die besonders gut performen und am Ende des Quartals 2,5 % oder mehr erreichen, wieder auf 2 % reduzieren, also Anteile verkaufen, während wir jene Titel zukaufen, die underperformt haben. Auf diese Weise machen wir uns Schwankungen am Aktienmarkt zunutze.
Sehen Sie darin einen USP Ihres Hauses?
Diese konsequente Gleichgewichtung im Kernportfolio – thematisch diversifiziert und langfristig orientiert – ist sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal. Ebenso ein Unterscheidungskriterium zu anderen ist, dass wir uns den „Luxus einer Meinung“ leisten. Das heißt: Wir überlassen das Denken nicht dem Markt, sondern gehen selbst tief in die inhaltliche Analyse und stellen stets eigene Überlegungen an. Das wird von unseren Kunden sehr geschätzt. Darüber hinaus steht eine Zusammenarbeit mit Gutmann für das bisschen Mehr an Expertise, Service und Diskretion.

„Wir sehen Aktien als Beteiligung am nachhaltigen Geschäftserfolg eines Unternehmens und nicht als Spekulationsinstrument.“
Wer sind Ihre Kunden?
Unsere Kunden sind vielfach Familienunternehmen, oft seit Generationen, sowie Vermögende aus unterschiedlichen Berufsgruppen z. B. Ärzte und Apotheker. Entscheidend für uns ist jeweils, die Ausgangslage und die Zielsetzung genau zu kennen. Dafür haben wir einen eigenen Ablauf etabliert, den sogenannten „Maß-nehmen-Prozess“, wo wir den Kunden mit seinen Zielen und Bedürfnissen kennenlernen und, darauf aufbauend, eine persönliche Anlagestrategie entwickeln. Dabei spielen Ertragserwartungen und Risikotoleranz naturgemäß eine große Rolle. Stabilität steht im Vordergrund. Rein performanceorientiertes Denken ist nicht unser Zugang. Auch Anleihen spielen zur Stabilisierung eines Portfolios eine wichtige Rolle. Das bedeutet: Wenn alles boomt und durch die Decke geht, gehören wir wohl nicht zu den größten Gewinnern, aber im umgekehrten Fall sind wir nie diejenigen, die den größten Absturz erleben.
Wir leben in verunsicherten Zeiten. Wie wirkt sich das auf das Anlegerverhalten aus?
Gerade wenn der Seegang etwas rauer ist, dann sind wir besonders nah beim Kunden. In den vergangenen Jahren haben wir unsere Kunden durch einige Krisen begleitet – ob Corona, Ukraine-Krieg, Lieferketten oder die hohe Inflation. Unsere konsequente Investmentstrategie und das gezielte Risikomanagement haben sich bislang immer bewährt. In manchen Phasen muss man auch die Füße stillhalten können. Wir nennen es „Ruhe im Lärm“, denn gute Entscheidungen müssen nicht laut sein.
Wie sieht der Mix aus Aktien und Anleihen in einem typischen Portfolio aus?
Das hängt natürlich ganz von der Lebensplanung und der Risikotoleranz des Kunden ab. Wir empfehlen aber: Wenn Sie real nach Inflation, Spesen und Steuern Geld vermehren wollen, dann brauchen Sie derzeit einen Aktienanteil zwischen 35 bis 40 Prozent. Eine klare Aussage.
Wie stehen Sie zu Vermögensklassen wie Immobilien, Krypto und Gold?
Die Bank Gutmann investiert nur in liquide und transparente Anlageklassen, also Anleihen und Aktien – damit kennen wir uns aus. Wir haben aber die Möglichkeit für Kunden Gold zu kaufen, was in einem gewissen Ausmaß Sinn machen kann. Ansonsten meinen wir: Schuster, bleib bei deinem Leisten. Wie vorhin gesagt: Wir wollen Werte schaffen – daher unser Fokus auf Aktien und Anleihen.
Wie wichtig ist KI in Ihrem Business?
Wir nutzen KI als Tool, um damit Prozesse zu optimieren und mehr Zeit für Kunden zu gewinnen. Das Ziel ist ganz klar, die Servicierung des Kunden weiter ausbauen, aber keinesfalls das Gespräch mit ihm zu ersetzen. Ein Kunde von Gutmann wird niemals mit einem Chatbot korrespondieren.
Welches Marktpotenzial sehen Sie in der Steiermark?
Die Steiermark ist ein unglaublich tüchtiges Bundesland voll Unternehmergeist. Unsere Devise: Das grüne Herz trifft Wiener Charme. Es ist uns hier über die vergangenen Jahre hinweg gut gelungen, durch eine anhaltende Präsenz laufend neue Kunden zu gewinnen. Wir sind 50 bis 60 Tage im Jahr vor Ort direkt bei unseren Kunden in der Steiermark. Daher sehen wir weiterhin großes Potenzial und wollen unsere Kundenbeziehungen ausbauen. Eine gute Gelegenheit, uns kennenzulernen, bieten auch unsere Gutmann-Strategiegespräche in Graz, zu denen wir im Halbjahresrhythmus laden. Nächster Termin: 15. Oktober, 12:00 Uhr im Schlossberghotel.
Bank Gutmann
- Unabhängiges Familienunternehmen seit 1922
- Niederlassungen in Wien, Linz, Salzburg sowie Prag und Budapest
- Spezialisiert auf Vermögensverwaltung und Anlageberatung
- 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- Mindestveranlagungsbetrag: 500.000 Euro
- Verwaltetes Kundenvermögen: 29,5 Milliarden Euro
- Eine eigene Kapitalanlagegesellschaft der Bank entwickelt Fonds – von Publikumsfonds bis zu Spezialfonds.
- Die Bank Gutmann ist 100% partner- und inhabergeführt. Die Mehrheit der Bank ist im Besitz der Familie Kahane.
- Tipp: Das nächste Gutmann-Strategiegespräch findet am 15. Oktober um 12:00 Uhr im Schlossberghotel Graz statt.
- www.gutmann.at
Fotos: Oliver Wolf