Home / Awards / „Forschung ist ein Standortmotor“

„Forschung ist ein Standortmotor“

Wirtschaftslandesrat Willibald Ehrenhöfer und Christoph Ludwig, Geschäftsführer der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG, im Interview mit „SPIRIT of Styria“ über Forschung als Zukunftsinvestition, den rascheren Weg vom Labor auf den Markt sowie Krisen als Treiber für Innovation.

Die Steiermark im Zeichen des Sparens: Muss auch die Forschung den Gürtel enger schnallen?

Ehrenhöfer:

Natürlich sind wir gefordert, in allen Bereichen gezielter mit den vorhandenen Mitteln umzugehen. Aber es wäre der falsche Weg, bei Zukunftsinvestitionen zu sparen, denn Forschung ist ein Innovations- und somit ein Standortmotor. Unser Ziel ist daher, Mittel strategisch zu bündeln, Doppelstrukturen zu vermeiden und jene Projekte zu stärken, die klare Wertschöpfung und gesellschaftlichen Nutzen bringen.

Sind Zeiten multipler Krisen Bremsklotz oder Turbo für den Forscher:innen-Geist?

Ehrenhöfer:

Krisen sind ganz klar Treiber für Innovation. In herausfordernden Zeiten entstehen oft die kreativsten Lösungen – weil man gezwungen ist, anders zu denken. Die Pandemie, die Energiekrise, der Klimawandel – all das hat die steirische Forschungslandschaft befruchtet. Unsere Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben bewiesen, dass sie Herausforderungen in Chancen verwandeln können. Das ist gelebter steirischer Innovationsgeist.

„In herausfordernden Zeiten entstehen oft die kreativsten Lösungen.“

Willibald Ehrenhöfer
Wirtschaftslandesrat

Die Steiermark zählt mit ihrer herausragenden F&E-Quote zu den Top-Regionen in Europa. Was trägt das Wirtschaftsressort/SFG dazu bei?

Ludwig:

Ja, wir zählen konstant zu den drei innovativsten Regionen Europas – und unser Ziel ist natürlich, Nummer eins zu werden. Als SFG unterstützen wir Unternehmen aller Größenordnungen bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten – über verschiedene Förderungsschienen und themenbezogene Calls. Derzeit vergeben wir etwa gemeinsam mit dem Zukunftsfonds Steiermark drei Millionen Euro an Kooperationsprojekten von Wirtschaft und Wissenschaft im Bereich Batterietechnologie. Darüber hinaus stärken wir Innovation durch die Mitfinanzierung exzellenter Forschung in den COMET-Zentren und den Silicon Austria Labs (SAL). Damit fördern wir die Betriebe selbst und das gesamte steirische Innovationsökosystem.

Vom Labor in die Anwendung: Wie kann die SFG helfen, Forschungsergebnisse rascher auf den Markt zu bringen?

Ludwig:

Die genannten Zentren sind echte Motoren für den Wissenstransfer, weil sie eng mit Unternehmen zusammenarbeiten und dadurch ganz nah an der Anwendung sind. Auch über unsere Cluster und Netzwerke – etwa den Styrian Food Hub – fördern wir den Austausch zwischen Forschung und Wirtschaft und erleichtern die Weitergabe von Know-how. Zudem initiieren, betreiben und unterstützen wir Business-Inkubatoren wie den Science Park Graz, den UNICORN Startup & Innovation Hub, das Zentrum für Wissens- und Technologietransfer an der Med Uni Graz (ZWT), den ZWT Accelerator, das DATA HOUSE und viele weitere. In vielen Fällen gelingt es uns dabei, EU-Fördermittel in die Steiermark zu holen – etwa über die Initiative „Green Startup Mark“ in der Obersteiermark, die gezielt Neugründungen im Greentech-Bereich unterstützt.

„Angesichts der niedrigen Geburtenrate wird der ,War for Talents‘ weiter zunehmen.“

Christoph Ludwig
Geschäftsführer SFG

Auf welche Forschungsbereiche sollte die Steiermark ihren Fokus legen, um die Innovationskraft der Wirtschaft zu steigern?

Ehrenhöfer:

Wir werden uns weiterhin auf jene Felder konzentrieren, in denen die Steiermark international Spitzenleistungen erbringt – und wo Zukunftsmärkte entstehen. Das sind vor allem grüne Technologien, Mobilität – insbesondere Bahn und Luftfahrt – oder Life Sciences. Auch das Thema Kreislaufwirtschaft ist aktueller denn je. Wir müssen darüber hinaus vermehrt die Chancen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz ergreifen, um in Zukunft ein wettbewerbsfähiger und erfolgreicher Standort zu sein.

KMU als Rückgrat der Wirtschaft. Wie können diese noch mehr zu F&E-Aktivitäten motiviert werden?

Ludwig:

Viele steirische KMU sind in besonders innovationsstarken Branchen tätig – etwa in den Bereichen Greentech, Life Sciences, Mobilität oder Mikroelektronik. Dass sie bereits intensiv in Forschung und Entwicklung investieren, zeigt nicht nur die hohe F&E-Quote von 5,17 Prozent. Auch die starke Nachfrage nach unseren Innovationsförderprogrammen – die sich ja speziell an KMU richten – spricht dafür. Zusätzlich unterstützen wir Innovationsprojekte finanziell über unsere Beteiligungsschienen, sei es in Form stiller Beteiligungen oder durch Risikokapital. Aktuell sind wir an 27 Unternehmen beteiligt. Der weitere Ausbau des Innovationsökosystems und die Unterstützung von KMU insbesondere bei der digitalen und grünen Transformation zählen zu den zentralen Zielen der steirischen Wirtschaftsstrategie.

Warum ist es wichtig, das ungenutzte weibliche Potenzial am Forschungsstandort zu heben? Und welche Rolle spielen dabei Awards wie der „SPIRIT-Award for WOMEN in SCIENCE“?

Ehrenhöfer:

Wir müssen jedes Potenzial nutzen. Denn als erfolgreicher Forschungsstandort können wir es uns schlichtweg nicht leisten, auf vorhandene Talente zu verzichten. Weiterentwicklung gelingt nur durch Vielfalt: Besonders Frauen bringen andere Perspektiven und oft ganz neue Fragestellungen in die Forschung ein. Awards wie der „SPIRIT-Award for WOMEN in SCIENCE“ leisten dabei einen wichtigen Beitrag – sie machen herausragende Leistungen sichtbar, schaffen Vorbilder und motivieren junge Frauen, Forschungswege einzuschlagen. Das öffnet Türen für die nächste Generation.

Ludwig:

Eine sehr wichtige Frage – auch wenn ich überzeugt bin: Forschung selbst hat kein Geschlecht. Ich schätze die Leistung an sich, unabhängig davon, wer sie erbringt. Trotzdem müssen wir ehrlich sagen: In den Führungsetagen vieler Unternehmen und in technischen Studienrichtungen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Dabei geht wertvolles Potenzial verloren, das wir dringend brauchen. Es gilt daher, mehr junge Frauen für MINT-Studien zu begeistern. Angesichts der niedrigen Geburtenrate in Österreich wird der „War for Talents“ weiter zunehmen. Ohne qualifizierte Zuwanderung und gezielte Talentförderung droht das System langfristig zu kippen – auch dem Braindrain müssen wir aktiv entgegenwirken.

Fotos: GEOPHO

Banner mit dem Text "trinkvergnügen" und "Über 450 Weine & Champagner einfach online bestellen." Rechts zeigt ein Foto zwei Gläser Rotwein auf einem Holztisch im Freien bei Sonnenuntergang.
weitere ARTIKEL