„Der Jazz s(w)ingt immer mit“
Die aus Bad Aussee stammende Künstlerin Simone Kopmajer ist Österreichs international erfolgreichste Jazzsängerin der Gegenwart. Die charismatische Musikerin gibt im Interview mit „SPIRIT of Styria“ Einblicke in ihre ersten musikalischen Gehversuche, erzählt von ihrer Zeit in den USA und ihrem Mut, ein eigenes Musiklabel zu gründen, und verrät, dass es ihr anfangs schwerfiel, auf Deutsch zu singen.
War die Musik immer schon ein Traum von Ihnen?
Bei uns in der Familie ist eigentlich immer musiziert worden und Musik hat einen ganz großen Teil meines Lebens von Kindheit an eingenommen. Deshalb habe ich ganz selbstverständlich diesen Weg eingeschlagen. Es hat Momente gegeben wie das erste Big-Band-Konzert mit meinem Vater, da war ich, glaube ich, acht oder neun Jahre alt, wo ich ein Lied singen durfte bei einer privaten Feier. In diesem Moment habe ich dieses Knistern gespürt, und dass ich es liebe, auf der Bühne zu stehen.
Sie haben ursprünglich Klavier gelernt und wechselten erst später zum Gesang …
Mit 14 Jahren bin ich in Graz ins Internat und aufs Musikgymnasium gegangen und begann damals am Johann-Josef-Fux-Konservatorium mit klassischem Klavier. Das ist ein normaler Weg, den man einschlägt, wenn man aufs Musikgymnasium geht. Ich wollte von Anfang an auch Gesang als Fach nehmen, wurde am Konservatorium jedoch nicht genommen – mein Gesangsstil war zu modern, zu Jazz-lastig, das hat damals nicht gepasst. Jetzt, im Nachhinein, denke ich, dass das eine Fügung war. Denn ein Jahr später habe ich es dann an der Uni probiert, bin zu einem Vorsingen gegangen und wurde – als eine von zwei – aus über 60 Teilnehmern genommen. Ab dem Zeitpunkt habe ich Jazzgesang studiert. Das sah dann so aus, dass ich am Vormittag aufs Musikgymnasium ging und am Nachmittag studierte. Noch vor der Matura hatte ich mein erstes Diplom in der Tasche. Klassisches Klavier habe ich noch nebenbei studiert, aber einfach gemerkt, dass mir die Zeit fehlt. (schmunzelt)
Lag das daran, dass Sie kurz nach Ihrem Studium in die USA gingen?
Ja, ich gewann ein Stipendium, ausgeschrieben vom Staat Österreich, um nach New York zu gehen.
Simone Kopmajer
- Jazz-Sängerin,
Komponistin - Geboren 1981 in
Schladming und
aufgewachsen in
Bad Aussee - Ausbildung an der
Universität für Musik und darstellende Kunst Graz im Fach Jazzgesang
CD-Veröffentlichungen in Japan, USA
und Europa - Aufführungen beim Jazzfestival Zaragoza (Spanien),
Ft. Lauderdale USA, Jazzsommer Graz
www.simonekopmajer.com
Wie hat der Geburtsort des Jazz Ihren Gesangs- bzw. Musikstil geprägt?
Ich durfte viel Zeit mit Sheila Jordan verbringen, meiner damaligen Lehrerin, die zuvor an der Uni in Graz gelehrt hat und in Upstate New York lebte. Sie nahm mich zu vielen Konzerten mit und auch zu sich nach Hause, wo wir den ganzen Tag Musik hörten, zum Beispiel Charlie Parker. Damals hatte ich schon das Glück, ein Management zu finden, meine ersten CDs für den amerikanischen und asiatischen Markt aufzunehmen und innerhalb kürzester Zeit in der Szene verankert zu sein. Die Art, wie dort musiziert wird, diese Leichtigkeit zu spielen, prägte mich tief. Ich habe sehr viel gelernt – dann auch in Fernost, weil ich mit amerikanischen Musikern auf Tournee nach Asien gegangen bin.
Wie kam dieser Schritt Richtung Asien zustande?
Wir haben eine CD namens „Nothing Gonna Change“ aufgenommen mit einem Crossover aus Jazz-Musik mit Popmusik, auf der wir Klassiker bzw. Evergreens von den Bee Gees, den Carpenters oder Lionel Richie neu interpretierten. Die CD wurde in ganz Asien veröffentlicht, wurde überall gehört und öffnete mir dort wahnsinnig viele Türen. Das war ein unglaubliches Gefühl, zu merken, dass diese Musik sehr gut bei den Menschen ankommt. Wir haben danach noch viele weitere CDS aufgenommen und Tourneen u.a. in Thailand, Singapur und Malaysien gespielt.
Sie sind international dafür bekannt, das klassische American Songbook neu zu interpretieren, verfügen aber über ein Repertoire unterschiedlichster Jazz-Genres. Was singen Sie am liebsten?
Es ist schon primär der Jazz, diese Swing-Musik, wenn ich einfach – (singt eine Swingmelodie) – den Swing aus den 20er bis 40er Jahren höre, reißt mich das, auch wenn ich auf der Bühne bin, immer vom Hocker. Ich habe das Gefühl, als hätte ich zu dieser Zeit gelebt. Das hat ein bisschen damit zu tun, dass mir diese Art von Improvisation liegt. Egal in welchem Genre, es swingt immer etwas Jazz mit.
Sie treten auf den Bühnen dieser Welt auf. Wie fühlt es sich an, „zuhause“ aufzutreten?
Das ist immer ein schönes Gefühl. Ich bin aufgewachsen in Bad Aussee, wo das Brauchtum gepflegt worden ist, und natürlich die Volksmusik, von der ich als Kind dachte: „Oh Gott, wie fad!“ Heute denke ich mir: „Wie schön, dass ich das in mein Repertoire aufnehmen kann!“ Und wenn ich einen Erzherzog-Johann-Jodler in New York singe, ist die Heimat immer präsent. Und es ist auch ein schönes Gefühl, wenn man mein Album mit Weihnachtsliedern wie „Leise rieselt der Schnee“ in Asien spielt, aber man traditionelle Volkslieder auch bei uns im Schulunterricht lehrt, damit es nicht verloren geht.
„Wenn ich den Swing aus den 20er- bis 40er-Jahren höre, reißt mich das immer vom Hocker. Aber egal in welchem Genre, es swingt immer etwas Jazz mit.“
Sie erwähnen Ihre Weihnachtslieder: Wie ist es für Sie, auf Deutsch zu singen?
Es ist leichter für mich, auf Englisch zu singen. Auf Deutsch muss ich viel mehr nachdenken. Und ich habe mir das selber nie vorstellen können, das war eine irrsinnige Umstellung. Aber als Willi Resetarits und ich das erste Lied im Studio aufgenommen haben, hat er mir diese Scheu genommen, indem er meinte: „Mach mir einfach nach!“ Und ich habe mir gedacht, ja warum nicht? Meine Muttersprache, mein Dialekt, das gehört zu mir.
Gibt es musikalische Vorbilder?
(Energisch) Angefangen von Ella Fitzgerald und Aretha Franklin über Diana Krall und Whitney Houston bis hin zu Stevie Wonder gibt es ganz viele. Gerade höre ich gerne Gregory Porter, aber auch klassische Musik. Schlager jetzt nicht so gerne, aber sonst bin ich fast in allen Genres happy (lacht).
Was waren bisherige Highlights in Ihrer Karriere?
Ich bin stolz auf die frühen CD-Produktionen im Avatar-Studio in New York. Dort nehmen auch Michael Bublé oder Bryan Adams auf. Wenn man dem Druck standhalten muss, dass Produzenten aus der ganzen Welt nach New York fliegen, um eine junge Musikerin aus Bad Aussee aufzunehmen, und dass man alles auf den Punkt bringen muss und sich dennoch nicht zu viel Druck macht. Oder dass ich auf Festivals mit großen anderen Künstlern – wie dem Bassisten von Sting – spielen durfte, die man sonst nicht getroffen hätte, das war für mich etwas Besonderes. Wie den Mut zu besitzen, das Risiko einzugehen, mich vor zehn Jahren mit meinem eigenen Label selbstständig zu machen.
Ist es heute noch wirtschaftlich, CDs und LPs zu verkaufen?
Natürlich merkt man die wirtschaftliche Lage auch im Musikbusiness. Die Verkäufe gehen zurück. Nur das, was man selber in der Hand hat, kann man lenken und sich an den Markt anpassen. Zwar ist die Schallplatte, gerade bei jungen Leuten, wieder stärker im Kommen. Aber auch da braucht nur einmal ein Karton mit LPs beim Transport kaputt werden, und schon ist man im Minus. Wenn man nach dem Konzert noch Tonträger verkauft, ist das etwas Schönes, weil der Hörer ein Erinnerungsstück an den Abend mit nach Hause nimmt. Und im Handel zu sein gehört einfach dazu. Genauso wie bei sämtlichen Streamingdiensten, ansonsten nimmt dich niemand wahr, dann ist dein „Produkt“ nicht existent. Ich glaube aber, dass für Künstler in Zukunft ganz vorrangig das Live-Spielen, das Live-Feeling immer zentraler werden wird.
Sie stehen viel auf der Bühne, ihr Beruf ist zeit- und reiseintensiv. Wie tanken Sie Kraft?
Die meiste Kraft tanke ich zuhause in Bad Waltersdorf, gemeinsam mit der Familie. Auch die Musik gibt mir viel zurück, und natürlich die Natur, hier im Grünen, am Land zu leben. Überhaupt die Steiermark mit ihren Sehenswürdigkeiten, ihrer Kulinarik oder den guten Weinen ist wunderschön und gibt viel Kraft für den stressigen Alltag.
Worauf dürfen sich Ihre Fans in Zukunft freuen? Welche Konzerte stehen am Programm?
Wir spielen auch am 24. August im Klostergarten in Frohnleiten. Das ist immer ein wunderschönes Konzert, draußen im Freien. Und am 28. August sind wir in meiner Heimat, treten in der Wasnerin auf. Am 20. September sind wir mit Viktor Gernot in den Kasematten in Graz, ebenfalls im Herbst findet ein Konzert im Musikverein in Wien statt: Mit einem Programm, in dem wir Lieder von Johann Strauss „jazzy“ interpretieren. Außerdem arbeiten wir an neuen, eigenen Kompositionen und möchten nächstes Jahr eine CD herausbringen, auf die wir uns selber schon freuen.
Fotos: Tinksi, beigestellt
