Das Gesicht einer Frau spiegelt sich in kantigen, verspiegelten Flächen mit bunten Lichtern. Der fette weiße Text über dem Bild lautet "The New Real". Die Gesamtstimmung ist futuristisch und abstrakt.
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Die Schleuse zur Welt ohne KI

Eintauchen in eine Welt ohne Künstliche Intelligenz? Eine Grenzerfahrung heute, ein Ding der Unmöglichkeit morgen, sind sich Thomas Feichtner und Markus Well vom Institut für Industrial Design der FH Joanneum sicher. Im Rahmen des diesjährigen Designmonat Graz „The New Real“ wagen sie mit „Tools for Transformation“ ein mit Spannung erwartetes Experiment. In diesem Rahmen ebenso zu erleben: Visionäre Designobjekte steirischer Studierender mit Impact für die Welt.

Die Schleuse öffnet sich. Und wir haben die Wahl. Durchgehen oder draußen bleiben? Ein Hauch von Matrix. Wer die Schleuse passiert, landet in einer anderen Welt, als wir sie heute kennen – eine Welt ohne Künstliche Intelligenz und Algorithmen, die pure Welt des Analogen. Wer draußen bleibt, entscheidet sich für die reale Welt, die längst eine digitale ist – The New Real. „Was heute noch übertrieben und wie eine Utopie scheint, ist spätestens in ein paar Jahren Alltag: Künstliche Intelligenz wird allgegenwärtig sein, bekommt Augen und Ohren, wird wahrnehmen und verstehen können und somit fixer Bestandteil nicht nur der digitalen, sondern auch der physischen Welt“, erklärt Thomas Feichtner, Leiter des Instituts Industrial Design an der FH Joanneum. „Schon heute ist es fast unmöglich, KI zu entkommen – überall, wo Smartphones und Devices sind, ist Künstliche Intelligenz mit dabei, allein durch den Zugriff auf unsere Fotos. Nur mit Aufwand lässt sich eine Grenze ziehen und – zumindest temporär – ein KI-freier Raum schaffen.“ Künstliche Intelligenz buchstäblich außen vor zu lassen, ist das Ziel der Ausstellung „T4T – Tools for Transformation“, die Thomas Feichtner gemeinsam mit Markus Well im Rahmen des diesjährigen Designmonat Graz kuratiert. Im Zentrum steht ein Raum mitten am Festivalzentrum Hornig Areal, der zur KI-freien Zone mutiert – einer analogen Kapsel gleich. Betretbar nur durch eine Schleuse, ähnlich einer Flughafen-Sicherheitskontrolle, an der die Besucher sämtliche digitalen Gerätschaften abgeben müssen. „Mit dieser Schleuse ziehen wir eine künstliche Grenze zwischen der Welt mit KI und der Welt ohne KI, um den Menschen deutlich zu machen, wie grenzenlos Künstliche Intelligenz bereits Durchgriff hat – ob im privaten oder öffentlichen Bereich“, so Feichtner. In diesem Raum finden Workshops von Studierenden der FH Joanneum statt. Dort wird gedacht, gebaut, gezeichnet und entworfen – ganz ohne digitale Hilfsmittel. Kreativität unplugged – das weiße Blatt Papier regiert. „Daraus ergeben sich viele spannende Fragen“, so Markus Well. „Etwa, wie verändert sich Kreativität, wenn Künstliche Intelligenz bewusst ausgeschlossen wird? Was macht es mit Designern und deren Entwürfen, wenn diese nicht mehr dokumentiert werden können?“ Denn – so die Vorgabe – nichts, was in dem analogen Raum geschaffen wird, darf diesen verlassen. Feichtner: „Alle Entwürfe sind vergänglich und existieren nur für die Dauer der Ausstellung. Digitale Aufzeichnungen können weder in den Raum hinein noch von dort heraus mitgenommen werden.“ Nur Erfahrungen und Erinnerungen bleiben. „Wir machen das aber nicht aus nostalgischer Rückbesinnung oder weil wir KI schlecht finden“, betont Feichtner, „sondern, um die tiefgreifende Veränderung kreativer Prozesse und unserer Lebenswelt erfahrbar zu machen.“ Erkenntnisse durch das Prinzip Umkehr. „Indem wir die neue Realität durch bewusste Ausklammerung digitaler Einflüsse umkehren, wird analoge Kreativität erfahrbar gemacht“, fasst Feichtner das Inside-out-Experiment zusammen. „Wir sind selbst schon sehr gespannt auf die Reaktionen der Teilnehmer und Besucher.“

Grand Opening am Festivalzentrum Hornig am 9. Mai 2025, 18.30 Uhr
Dabei werden auch die Hauptausstellung sowie alle weiteren Ausstellungen und Installationen am Hornig Areal eröffnet.

Kleine Intervention, große Wirkung

Eingebettet ist T4T in die Ausstellung „Design for Transformation“ am Festivalzentrum. Darin werden Objekte von Studierenden des dritten Semesters des Studiengangs Industrial Design präsentiert, die Antworten auf den fundamentalen Wandel in der Gesellschaft bieten sollen. „Die Aufgabenstellung lautete: Wie können einfache, wenig komplexe neue Objekte das Verhalten der Menschen – und damit die Welt – verändern?“, so Feichtner über das Prinzip „Kleine Intervention, großer Impact“. „Damit leisten unsere Studierenden einen Beitrag zu einer sozial und ökologisch nachhaltigen Zukunft“, erläutern Feichtner und Well. „Vor allem die Bandbreite an Themen und die Offenheit in den Herangehensweisen waren beeindruckend. Wichtig war uns, dass die Designer ihre jeweils eigenen persönlichen Zugänge zum Thema Transformation finden“, so Well. Von Ernährung über Fashion bis zum Thema Mobilität spannt sich der Bogen.

Überzeugendes Beispiel: der „Smart Shopping Basket“ von Lukas Gabesam. Der Designer entwarf einen Einkaufskorb, der gleichzeitig als Ernährungs-Guide fungiert. Abgegrenzte Sektionen im Korb ermöglichen es dem Nutzer beim Einkauf, die Lebensmittel nach Nährstoffart oder Kalorienmengen zu trennen und – mithilfe einer eigenen App – die Produkte für die gewünschte Ernährungsweise vorzusortieren. Ein spannender Beitrag in Zeiten zunehmender Wohlstandserkrankungen durch Fehlernährung. Einen Beitrag zur nachhaltigen Produktionsweise der Zukunft stellt das Fahrrad „Urban Bicycle“ von Felix Wildberger dar. Der CNC-gebogene Rahmen macht eine kostengünstige Produktion auch in Europa möglich. Markus Well: „In vielen Projekten geht es um das Thema bewusster Konsum, Ressourcen und Circular Economy – aber stets ohne moralischen Zeigefinger, sondern über das Setzen positiver Anreize.“ Fazit: Ready for Transformation.

Zwei Männer stehen Seite an Seite vor einer schlichten weißen Wand. Der Mann auf der linken Seite trägt eine Brille, einen marineblauen Blazer, ein Hemd und eine Jeans; der Mann auf der rechten Seite trägt einen beigen Pullover und eine schwarze Hose. Beide schauen in die Kamera und lächeln leicht.

Ausstellungsmacher: Thomas Feichtner (l.), Institutsleiter Industrial Design, und Senior Lecturer Markus Well

Draufsicht auf eine offene Tasche mit vier Stofffächern in verschiedenen Farben: grau, gelb, grün und orange, getrennt durch Trennwände. Die Tasche ist leer und steht auf einem weißen Hintergrund.
Ein modernes, minimalistisches Fahrrad mit einem einzigartigen kantigen Rahmen lehnt an einer weißen Wand und wirft im hellen Sonnenlicht scharfe Schatten. Das Fahrrad hat schwarze Räder, einen schwarzen Sitz und ein insgesamt elegantes, futuristisches Design.

Zwei Highlights der Ausstellung „Design for Transformation“: der Smart Shopping Basket von Lukas Gabesam sowie das Fahrrad „Urban Bicycle“ von Felix Wildberger aus einem CNC-gebogenen Rahmen.

In Kooperation mit Creative Industries Styria
Fotos: Creative Industries Styria, iStock

Banner mit dem Text "trinkvergnügen" und "Über 450 Weine & Champagner einfach online bestellen." Rechts zeigt ein Foto zwei Gläser Rotwein auf einem Holztisch im Freien bei Sonnenuntergang.
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