Gelebte soziale Verantwortung: Innovativ und zukunftsorientiert
Jugend am Werk ist als das gestaltende Unternehmen der Sozialwirtschaft in der Steiermark mit seinem Angebot immer am Puls der Zeit – und das schon seit den Anfängen im Jahr 1948. Die beiden Geschäftsführer Sandra Schimmler und Walerich Berger über soziale Innovationen und Win-win-win Situationen.
Neue Herausforderungen
Als in den 1960er-Jahren mit dem wirtschaftlichen Aufschwung die (Jugend-)Arbeitslosigkeit drastisch sank, tat sich für Jugend am Werk ein neuer Tätigkeitsbereich auf: Schon davor wurden in Kursen viele Jugendliche mit Behinderung betreut, nun entwickelte sich die Arbeit mit Menschen mit Behinderung zu einer zentralen Aufgabe. Auch heute befindet sich dieser Bereich im Umbruch. Berger erklärt: „Menschen mit Behinderung werden mittlerweile zum Glück alt und brauchen darum länger als früher unsere Unterstützung. Dazu kommt die große Forderung nach echter Teilhabe und einem selbstbestimmten Leben.“ Gerade bei hohem oder sehr hohem Pflegeaufwand wird dies oft negiert, die Unterbringung in Pflegeeinrichtungen ist weder für die Betroffenen noch für die Angehörigen zufriedenstellend. „Hier setzen wir mit dem Projekt Gleinstätten an. Dort bieten wir Menschen mit Behinderung eine moderne Form der Begleitung im Wohnen und in der Tagesstruktur. Und wir versuchen, die Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung flächendeckend stetig zu verbessern: mit passgenauen Wohn- und Begleitungsangeboten, immer am Menschen orientiert.“, so Schimmler.
Inklusiver Arbeitsmarkt
Eine weitere Forderung der Betroffenen ist eine echte Teilhabe am Arbeitsmarkt. Eine Beschäftigung in einer Werkstätte, die lediglich mit einem Taschengeld entlohnt wird, stellt für viele Menschen mit Behinderung nicht das gewünschte Inklusionsangebot dar, sie fühlen sich einfach nicht für voll genommen und als wertvoller Teil der Gesellschaft. „Sie wollen eine echte Teilhabe mit Dienstvertrag und voller Sozialversicherung – und das unterstützen und fördern wir“, weiß das Geschäftsführungsduo. Mit dem „Zentrum inklusiver Arbeitsmarkt“ im Gürtelturm bietet Jugend am Werk genau für diese Menschen diverse Möglichkeiten: Von Praktika bis zum Ausloten der eigenen Talente und Fähigkeiten über Beschäftigungsangebote in Unternehmenskooperationen bis zur Errichtung kollektivvertraglicher Dienstverträge. Auch dem Tabuthema Sexualität nimmt sich Jugend am Werk an. „Wir haben dafür ein sexualpädagogisches Konzept entwickelt. Darin geht es vor allem um das Recht jedes Menschen, selbstbestimmt Sexualität zu leben und gleichberechtigt behandelt zu werden – gerade Menschen mit Behinderung aber auch in der Kinder- und Jugendhilfe wird dieses Recht oft nicht zuerkannt“, weiß Schimmler.
„Wir bemühen uns, stets offen für Neues zu bleiben und immer ein offenes Ohr für die Anliegen unseres Teams zu haben.”
Förderung der Alltagsbewältigung
Die Pandemie hat den Bedarf an therapeutischen Angeboten, sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene, deutlich ansteigen lassen. „Viele Menschen melden sich direkt bei uns, aber wir stehen auch ständig im Austausch mit Behörden, unseren Stakeholdern und unseren Auftraggebern – so stellen wir sicher, dass sich unser Angebot genau am Bedürfnis der Menschen orientiert“, erklärt Berger. Gerade in ländlichen Gebieten sei entsprechende Unterstützung noch recht dünn gesät. „Darum haben wir erst im November eine psychotherapeutische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Judenburg eröffnet. Darüber hinaus unterstützen wir mit der mobilen sozialpsychiatrischen Betreuung Menschen in ihrem privaten Umfeld.“
Nachhaltigkeit für alle
Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist wohl die globale Klimakrise. Hier zählt jeder kleine Puzzlestein, um den Weg in eine auch für nachfolgende Generationen lebenswerte Zukunft zu ebnen. Auch in diesem Bereich ist Jugend am Werk mit diversen Projekten aktiv. In Feldbach erfreut sich der dort betriebene re-use-shop schon seit fast zwei Jahren großer Beliebtheit; er ist direkt neben dem Ressourcenpark angesiedelt und so landen Dinge, die eigentlich für die Entsorgung bestimmt waren, oft im Shop. Die Waren werden natürlich gereinigt und auf Funktionstüchtigkeit getestet – zum Teil sind sie aber sogar noch originalverpackt. Mehr als 7.000 Kundinnen und Kunden haben im Shop bereits eingekauft. „Dieser Erfolg hat uns dazu bewogen, zwei weitere re-use-shops zu eröffnen. Seit diesem Monat kann man auch in Knittelfeld und Liezen liebevoll Aufbereitetes einkaufen“, so Berger. Diese Shops stellen echte Win-win-win-Modelle dar. Einerseits wird weniger weggeworfen, andererseits lassen sich die Shops in die gemeinnützigen Beschäftigungsprojekte von Jugend am Werk, zu denen auch Entrümpelung und Umzugsservice, Schneiderei und Design sowie Tischlerei gehören, integrieren – mehr als 100 Menschen finden bei diesen Transitarbeitsplätzen Beschäftigung und Weiterqualifikation. „Und darüber hinaus bieten wir in den re-use-shops auch preisgünstige, hochwertige Artikel an, die sich so mancher sonst einfach nicht leisten könnte“, ist Berger überzeugt.
Team als Fundament
„Um diese Vielzahl an neuen Projekten verwirklichen zu können, braucht es einerseits das Vertrauen einer großen Anzahl an Auftraggebern, andererseits aber auch die Unterstützung lokaler Stakeholder – zum Glück sind wir in die regionalen und lokalen Strukturen in der Steiermark bestens eingebunden“, so Schimmler. Doch der größte Erfolgsfaktor ist, gerade in der Sozialwirtschaft, das Team. „Ohne die Erfahrung und das Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wäre diese Vielzahl an Aufgaben schlicht nicht zu bewältigen.“ Darum wird viel getan, um das Arbeitsumfeld bei Jugend am Werk optimal zu gestalten – nicht umsonst hat das Unternehmen bereits mehrere Auszeichnungen als bester Arbeitgeber erhalten.
In Kooperation mit Jugend am Werk Steiermark
Fotos: Jugend am Werk, Oliver Wolf
