Ein lächelnder Mann mit Glatze und dunklem Polohemd sitzt an einem Schreibtisch mit Büchern, Papieren und einem Taschenrechner. Hinter ihm sind durch große Fenster eine Stadtlandschaft und ein Gebäude auf einem Hügel zu sehen.
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Ehrgeizige Ziele

Seit Ende April ist Martin Ullrich, davor Finanzchef des Unternehmens, alleiniger Vorstand der MCG Graz und damit verantwortlich für die Geschicke der Grazer Messe. Im Visier: der Turnaround. Seine Vorhaben skizziert der 58-Jährige im Interview mit „SPIRIT of Styria“.

Sein altes Büro im sogenannten Messeturm hat er behalten, mit Blick auf Schloßberg, den Grazer Norden und den Schöckl. Majestätisch könnte man diesen Ausblick nennen. Hierarchisch will es der Neovorstand allerdings flacher angehen und so frischen Schwung ins Unternehmen bringen, um den lange apostrophierten Turnaround nun tatsächlich herbeizuführen.

Am 2. Oktober öffnet die Grazer Herbstmesse 2025 ihre Tore. Die Frühjahrsmesse 2026 wurde hingegen gleich einmal gecancelt.

Der Frühjahresmesse haben wir eine Pause verordnet, in der wir das Format komplett überarbeiten werden. Wir haben bemerkt, dass diese Messe nicht mehr in dem Ausmaß angenommen wurde, wie das für ein erfolgreiches Messeformat auf längere Sicht notwendig gewesen wäre. Zudem bindet eine Publikumsmesse wie die Frühjahrsmesse personell und logistisch bedeutende Ressourcen, die uns bei der Weiterentwicklung unserer nach wie vor erfolgreichen Formate sowie bei der Entwicklung neuer, zukunftsträchtiger Ideen abgehen.

Hätte man die Frühjahrsmesse nicht bereits vor ein paar Jahren kübeln können?

Vor einigen Jahren waren beide Publikumsmessen, auch die Frühjahrsmesse, noch durchaus attraktive Produkte, die auch ökonomisch erfolgreich waren. Es hat sich dann jedoch mit den Jahren gezeigt, dass das Interesse speziell an der Frühjahrsmesse sukzessive nachgelassen hat. Man hat immer wieder versucht, durch diverse Anpassungen einen Turnaround herbeizuführen, letzten Endes allerdings ohne Erfolg. Nun war es an der Zeit, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

„Eine unserer Hauptherausforderungen sind tatsächlich die Investitionen. Es hat in den letzten 15 Jahren einen gewissen Investitionsstau gegeben.“

Martin Ullrich
MCG-Vorstand

Wird die Frühjahrsmesse ein Comeback feiern?

Wir arbeiten in einem ergebnisoffenen Prozess an Konzepten für ein neues Publikumsmesseformat im Frühjahr. Damit dieser Prozess erfolgreich sein kann, werden wir neue Themen finden und einen grundlegenden Relaunch vornehmen müssen. Wir erlegen uns dabei ganz bewusst keinen zeitlichen Druck auf und haben uns einen Horizont von zwei bis fünf Jahren gesetzt. Unser Fokus liegt jetzt einmal vorrangig auf den bestehenden Veranstaltungen und deren Weiterentwicklung.

Und was, wenn sich in dieser Zeit herausstellt, dass sich kein unternehmerisch sinnvolles Frühjahrsformat anbietet?

Um jeden Preis erzwingen werden wir ein Comeback der Frühjahrsmesse nicht.

Aber es bleibt das Ziel …

Ja. Unser Ziel ist es, ein Messeformat zu entwickeln, das auf internationaler Ebene für Furore sorgt und als State-of-the-Art-Innovation wahrgenommen wird – und uns auch als Messestandort entscheidend aufwertet. Dafür müssen wir aber mit Bestehendem brechen und uns auf Neues einlassen.

Ein glatzköpfiger Mann in einem marineblauen Hemd sitzt auf einem Stuhl, lächelt und gestikuliert mit den Händen, während er in einem hellen, modernen Raum mit einem Holztisch im Vordergrund spricht.
„Ohne ehrgeizige Ziele werden wir nicht vorankommen.“ Vom neuen Vorstand Martin Ullrich wird eine spürbare und nachhaltige Trendumkehr erwartet.

Könnte der Herbstmesse ebenfalls eine kreative Pause blühen?

Die Herbstmesse war immer schon eine Spur stärker als die Frühjahrsmesse und sie hat auch weniger stark verloren. Insgesamt trägt sie nach wie vor zu etwa einem Viertel zum Gesamtumsatz unserer Messesparte bei. Aber selbstverständlich steht auch die Herbstmesse unter betriebswirtschaftlicher Beobachtung.

Wie viel von Ihrem Gesamtgeschäft machen Sie mit Messen?

Etwa die Hälfte unseres Geschäfts, die andere Hälfte entfällt auf Kongresse und Events.

Mit welcher Tendenz?

Unser Kongress- und Eventbereich hat seit der Eröffnung der Stadthalle und des Kongresszentrums im Jahr 2002 ein stetiges Wachstum zu verzeichnen und legt auch anteilsmäßig zu. Allerdings sind wir – das merken wir zurzeit – an einer Umsatzgrenze angelangt, die wir zuletzt nicht mehr signifikant durchstoßen konnten. Und genau da wollen wir jetzt durch.

MCG

  • Unter der Dachmarke MCG (Messe Congress Graz) werden sieben Grazer Locations „bespielt“: Congress, Messecongress, Stadthalle, Messe Graz sowie Merkur Arena, Merkur Eisstadion und Sport-Campus Weinzödl.
  • Die MCG ist in den Geschäftsfeldern Messe, Event (Konzerte, Bälle etc.) und Kongress tätig. Außerdem betreibt sie mit der AMB Ausstellungsservice u. Messebau GmbH ein 100-prozentiges
    Tochterunternehmen.
  • Mit 80,9 % ist die Stadt Graz Hauptgenossenschafterin der MCG, weitere Genossenschafter sind Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer sowie Land Steiermark.
  • 120 Beschäftigte sind bei der MCG und ihren Unternehmen
    beschäftigt, darunter 96 am Standort auf dem Messeareal südlich des Jakominigürtels.
  • 85.000 Quadratmeter machen die Messe Graz zum größten Marktplatz der Stadt.
  • 15.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche auf zwei Ebenen bietet die Halle A.
  • 2002 wurde die Stadthalle Graz fertiggestellt.
  • 140 Jahre alt ist der Stefaniensaal, das Herzstück des Grazer Congress in der City. Heuer wird dieses Jubiläum gefeiert.
  • 1883 fand am Messestandort Graz die erste Messe Österreichs, das „Blumen- und Industriefest“, statt.
  • Seit 1906 wird die Grazer Messe veranstaltet.

Wie kann das gelingen?

Wir verfügen über die nötige Infrastruktur und auch über die Ressourcen, um uns in diesem geschäftlich sehr attraktiven Kongressbereich noch stärker zu positionieren. Unser Hauptaugenmerk legen wir jetzt auf die Stärkung unseres Vertriebs, auch personell. Wir müssen den Märkten noch deutlicher zu Bewusstsein bringen, welche herausragenden Voraussetzungen wir zu bieten haben – mit der MCG als Dienstleister, aber auch mit der Stadt Graz und der Steiermark als attraktive Kulisse für erfolgreiche Kongresse.

Ihre Bestellung zum alleinigen Messe-Congress-Graz-Vorstand mit 25. April dieses Jahres hat stadtpolitisch durchaus Staub aufgewirbelt. Was konnten Sie in den ersten Monaten in dieser Funktion bewirken?

Ich bin seit 17 Jahren bei der MCG, bis April als Abteilungsleiter für Finanz- und Rechnungswesen. Ich kenne das Unternehmen in- und auswendig. Das Erste, was ich getan habe, war, mich unverzüglich auf das Thema Unternehmenskultur zu stürzen. Das heißt: Wir wollen als Team wertschätzend miteinander umgehen. Wir wollen auf kurzem Wege ohne hierarchische Zwischenstufen kommunizieren und uns gegenseitig informieren, um gemeinsam unsere Ziele erreichen zu können. Da gab es zuletzt Aufholbedarf. Offenheit ist mir sehr wichtig. Weil ich davon überzeugt bin, dass Information Sinn stiftet. Auf gut Steirisch: Wenn ich mir als Mitarbeiter, als Mitarbeiterin jeden Tag für die Firma den – verzeihen Sie! – Arsch aufreiße, dann will ich auch wissen, warum ich das tue; und wo dieses Unternehmen, für das ich mir den besagten A … aufreiße, seine Probleme hat; und wie es uns gelingt, diese Probleme hinter uns zu lassen. Fakt ist: Wir haben ein Superteam auf allen Ebenen und in allen Bereichen.

Und was haben Sie diesem Superteam in puncto Problemzonen sinngemäß kommuniziert?

Dass es sich mit den Deckungsbeiträgen derzeit – noch – nicht ausgeht. Weil wir nämlich einen bedeutenden Fixkostenblock haben, der sich kaum nach unten revidieren lässt. Warum? Weil wir uns mit den personellen Ressourcen bereits jetzt an der Untergrenze bewegen und auch bei den Kosten für die Erhaltung und Entwicklung von Immobilien und Infrastruktur, die sich im Besitz der MCG befinden, gebunden sind; und dass wir, um diese zu geringen Deckungsbeiträge auszugleichen, auf Zuschüsse von unserem Hauptgenossenschafter, der Stadt Graz, angewiesen sind; dass es jedoch unsere Aufgabe als Unternehmen ist, diesen Zuschussbedarf in Grenzen zu halten bzw. zu reduzieren; und dass uns das nur über unsere Geschäftstätigkeit und steigende Erträge gelingen kann.

„Wir arbeiten in einem ergebnisoffenen Prozess an Konzepten für ein neues Messeformat im Frühjahr. Unser Ziel ist es, ein Format zu entwickeln, das auf internationaler Ebene für Furore sorgt und als State-of-the-Art-
Innovation wahrgenommen wird.“

Martin Ullrich
MCG-Vorstand

Sind Sie zuversichtlich, dass das auch tatsächlich gelingt?

Natürlich. Und der Weg führt meiner Einschätzung nach, wie schon beschrieben, zu einem guten Teil über den Ausbau des Kongressgeschäfts. Was nicht heißt, dass wir die übrigen Bereiche – Messen und andere Veranstaltungen wie etwa Konzerte, Bälle etc., aber auch unser international tätiges Messestandbauunternehmen AMB – aus den Augen verlieren werden. Wir werden aber auch unsere internen Prozesse und Dienstleistungen noch auf Optimierungspotenzial abklopfen.

Vonseiten des ehemaligen Vorstands wurde ein Investitionsbedarf von rund 100 Millionen Euro artikuliert. Unter anderem stand eine dritte große Halle auf der Wunschliste.

Eine unserer Hauptherausforderungen sind tatsächlich die Investitionen. Es hat auch in den letzten 15 Jahren einen gewissen Investitionsstau gegeben. Die Stadthalle ist 23 Jahre alt und bedarf einer Sanierung. Und natürlich hätte eine große „Halle C“ Charme. Aber unter den gegebenen budgetären Bedingungen ist eine solche Summe illusorisch. Daher haben wir diese Option schnell verworfen. Stattdessen haben wir uns gefragt, wo unsere Hauptbedürfnisse liegen. So entstand die Idee einer abgespeckten Halle C, in der 1.000 Menschen mit Bestuhlung Platz finden und die sich ohne Umbauten für alle unsere Geschäftsfelder von Kongress über Messe bis Konzert sowie als Backstagebereich für die Stadthalle nutzen lässt. Frühestens 2029 könnte sie in Betrieb gehen, wenn man es zügig angeht.

Welchen Auftrag haben Sie vonseiten Ihrer Eigentümer – allen voran die Stadt Graz – mitbekommen?

Vonseiten der Eigentümer erwartet man sich eine spürbare und nachhaltige Trendumkehr. Es soll wieder bergauf gehen. Mein Ziel ist es, unseren Umsatz im Kongress- und Eventbereich innerhalb von fünf, sechs Jahren um wenigstens 20, besser bis zu 50 Prozent zu steigern. Ohne ehrgeizige Ziele werden wir nicht vorankommen. Und ich will auch bewusst machen, wie wichtig wir als Nächtigungs- und Umsatzbringer nicht nur für Graz sind. Wir sind ein steirisches Unternehmen mit einer bedeutenden Funktion für den Standort, die Unternehmen und die Beschäftigten. Ich hoffe, dass wir auch von dieser Seite in Zukunft Unterstützung erfahren werden, um überlebensnotwendige Investitionen in die Zukunft des Standortes tätigen zu können.

Martin Ullrich

58 Jahre, geboren in Wien, studierter Betriebswirt, war bei einem renommierten Wirtschaftsprüfungsunternehmen sowie als kaufmännischer Leiter der Badner Zeitung tätig, wechselte vor 17 Jahren als Abteilungsleiter für Finanz- und Rechnungswesen zur MCG und war dort bald auch für Recht und Personal zuständig. Seit Ende April fungiert er als MCG-Alleinvorstand.

Fotos: MCG/Martin Wiesner

Banner mit dem Text "trinkvergnügen" und "Über 450 Weine & Champagner einfach online bestellen." Rechts zeigt ein Foto zwei Gläser Rotwein auf einem Holztisch im Freien bei Sonnenuntergang.