Medizin aus der Luft
Drohnen im Dienste der Gesundheit – das ist die Vision, die der Knittelfelder Daniel Schachner mit seinem Start-up „AeroMeds“ verwirklichen will. In einem Pilotprojekt für einen namhaften österreichischen Krankenanstaltenverbund soll die Hightech-Lösung demnächst ihre Effizienz und Verlässlichkeit unter Beweis stellen.
Vor ein paar Jahren hat Daniel Schachner sein Hobby zum Business Case seines Start-ups gemacht. Sein Unternehmertum, das wird im Gespräch spürbar, repräsentiert er mit einer Leidenschaft, die sicher zu einem bedeutenden Teil aus der Begeisterung für die Materie gespeist wird. Um fünf Uhr Früh – „spätestens“, wie Schachner mit einem gar nicht gequälten Lächeln ergänzt – ist Tagwache. „Muss so früh sein“, merkt er an, „sonst wäre einfach zu wenig Zeit, um all die Dinge in Angriff zu nehmen, die ich zu erledigen habe, um meine Ziele zu erreichen.“ Der Begriff „Tagwache“ ist dem gebürtigen Knittelfelder aus seiner Laufbahn als Berufssoldat beim Österreichischen Bundesheer übrigens wohlvertraut. 15 Jahre lang war der mittlerweile 42-Jährige als Unteroffizier tätig. Außerdem hat er Ausbildungen zum Softwareentwickler sowie System- und Netzwerktechniker abgeschlossen. Begeisterung und Leidenschaft für Technik und Computer hätten ihn, so Schachner, bereits seit seiner Kindheit begleitet. Eine zweite – und die wohl alles überstrahlende – gilt unbemannten Luftfahrzeugen, englisch „unmanned aerial vehicles“ (UAV), sprich: Drohnen. Seit 2014 beschäftigt er sich, zuerst hobbymäßig, mittlerweile als Unternehmer, intensiv mit diesen Fluggeräten. Auch diese Begeisterung rühre bereits aus Kindheit und Jugend: „Mein Onkel ist, seit ich mich erinnern kann, begeisterter Modellflieger, ich war immer gerne dabei, wenn er seine Flugzeuge und Helikopter aufsteigen ließ.“
„In einer gezielten, auf medizinische Einsatzgebiete begrenzten Öffnung, wie sie etwa in der Schweiz bereits umgesetzt wurde, sehe ich eine große Chance, moderne Technologien im Gesundheitsbereich effizient nutzbar zu machen.“
Friedvolle Drohnenvision
Wozu Drohen in der Lage sind – und wozu sie auch skrupellos eingesetzt werden –, erschließt sich einer entsetzten Öffentlichkeit mittlerweile täglich in den aktuellen Nachrichten. Unbemannt und von digitaler Hand gesteuert, suchen sie sich ihren Weg zu oft Hunderte, vielfach Tausende Kilometer entfernten Zielen, um dort ihre Tod und Zerstörung stiftende Last abzuwerfen. Daniel Schachners Drohnen verfolgen hingegen durch und durch friedliche Zeile – trotz oder vielleicht auch gerade wegen seiner „militärischen“ Vergangenheit. „Ich hatte schon seit Langem die Vision, mich als Unternehmer selbstständig zu machen. Meine Faszination für Drohnen bot mir dazu einen Anknüpfungspunkt. Für mich stand jedoch von Anfang an fest, dass meine Fluggeräte keinesfalls einen militärischen Zweck erfüllen würden.“ Zuerst habe er, blickt Schachner zurück, ein polizeiliches Einsatzgebiet im Auge gehabt. „Bei der Airpower bin ich zufällig Zeuge eines Gesprächs geworden, bei dem es darum ging, dass bei den verwendeten Systemen kaum Möglichkeiten bestünden, das Interface zwischen Anwender und Drohne über die Software maßgeblich zu individualisieren. Klar, ein riesiger Hersteller, der als Weltmarktführer unzählige Drohnen absetzt, kümmert sich wenig um die Bedürfnisse einzelner Anwender. Ich war überzeugt, dass ich das wesentlich userfreundlicher hinbekommen könnte.“ Rasch habe er aber auch erkannt, dass er in diesem Bereich als kleiner Start-up-Unternehmer gegen arrivierte globale Drohnenplayer keine Meter haben würde.
AeroMeds
- mit Sitz in Knittelfeld wurde vorn Daniel Schachner im Februar 2025 als Einzelunternehmen (eingetragenes Unternehmen/e.U.) gegründet.
- Seit 2014 beschäftigt sich der gebürtige Knittelfelder intensiv mit dem Bau und dem Betrieb von Drohnen, um 2020 fasste der ehemalige Berufssoldat den Entschluss, sich mit einer auf Drohnen basierenden Geschäftsidee selbstständig zu machen.
- AeroMeds erzeugt und betreibt Drohnen inkl. Basisstationen für medizinische Zwecke wie den Transport von Laborproben oder Medikamenten.
- AeroMeds wurde in das Seed-Programm des Zentrums für angewandte Technologie (ZAT) Leoben aufgenommen und gehört dem Cluster „Human.technology Styria“ an.
- 4,5 Meter beträgt die Spannweite einer der großen von AeroMeds eingesetzten VTOL-Drohnen, während die Copter-Modelle deutlich kleiner und leichter sind, aber auch geringere Lasten tragen können und eine geringere Reichweite aufweisen.
- 10 Kilogramm beträgt in etwa die Traglast von größeren Drohnen, rund 2 Kilogramm können kleine Modelle transportieren.
- Je nach Konfiguration, Zuladung und Umgebungsbedingungen sind derzeit Reichweiten von bis zu 100 Kilometern möglich.
- Beim SPIRIT-Start-up-Award 2025 war AeroMeds in der Kategorie „Health“ nominiert.
Arbeit am Businessplan
Ursprünglich hatte Schachner das Start-up-Projekt gemeinsam mit zwei Partnern in Angriff genommen, wobei er selbst sich um die Entwicklung der Drohnen und das technische Gesamtkonzept kümmern wollte, während seine Kompagnons für die Softwareentwicklung und die geschäftlichen Agenden verantwortlich zeichnen sollten. Nach einer informellen Konzeptions- und Projektierungsphase habe er die Zügel schließlich aber zur Gänze selbst in die Hand genommen, um das Start-up-Projekt in seiner heutigen Gestalt auf die Beine zu stellen. Sich neben dem technischen auch das erforderliche Business-Know-how anzueignen, blickt Daniel Schachner in die Anfänge von AeroMeds zurück, sei ein durchaus fordernder Prozess gewesen. Unterstützung habe er im Zentrum für angewandte Technologie (ZAT) Leoben, dem von der Montanuniversität und der Stadt Leoben gemeinsam betriebenen Start-up-Inkubator, erfahren. „Ich absolvierte gleich einmal ein Start-up-Seminar und habe dabei sehr, sehr viel gelernt: eine Nische zu finden, einen klaren USP und einen Businessplan zu entwickeln und mir ein Netzwerk aufzubauen.“ Die technischen Grundlagen und das Konzept für eine Hightech-Drohne seien da ja bereits vorhanden gewesen. Nun sei es darum gegangen, dieses Basispaket in einen stringenten Businessplan zu „übersetzen“ und – darauf zugeschnitten – die vollständige Lösung rund um die konkreten Anforderungen des Anwendungsgebietes zu finalisieren.
Fokus auf Medizin
Der Businessplan ist mittlerweile längst fertig: mit einem klaren Fokus auf medizinische Einsatzgebiete. Die AeroMeds-Drohnen sollen in einem ersten Schritt Laborproben und dringend benötigte Medikamente innerhalb von größeren Krankenhausverbünden möglichst rasch und effizient an ihren Bestimmungsort transportieren. Zielgruppe für das System seien vorerst heimische Krankenanstaltenbetreiber. In weiteren Schritten, blickt Schachner in eine etwas fernere Zukunft, könnten AeroMeds-Drohnen auch andere, noch nicht näher definierte Aufgaben übernehmen. Schachners Geschäftsmodell: User leasen das System mit Basisstationen und Drohnen. Mittlerweile wurde Daniel Schachners formell Anfang 2025 gegründete AeroMeds e.U. nicht nur ins ZAT-Preseed-, jüngst ins Seed-Programm aufgenommen, das Unternehmen ist auch im Cluster „Human.technology Styria“ vernetzt. Der nächste Schritt: in einem Pilotprojekt mit einem innovationsfreudigen Partner zu demonstrieren, was das AeroMeds-System zu leisten vermag. Die Aussichten, dass es bereits im kommenden Jahr so weit sein könnte, stünden gut, erklärt Schachner. Vonseiten der Burgenländischen Krankenanstalten Ges.m.b.H gebe es eine Absichtserklärung, ein entsprechendes Pilotprojekt umzusetzen.
Bereit für den Einsatz
Neben beträchtlichen Eigenmitteln – „die Seed-Finanzierung ermöglicht mir nun die kommenden Schritte zum Markteintritt“ – hat Schachner auch jede Menge Know-how und Entwicklungsarbeit in sein Projekt investiert. „Ich habe große Teile des Systems eigenständig entwickelt. Wichtig war mir dabei, eine modulare, effiziente und zuverlässige Lösung zu schaffen mit Fokus auf Umweltfreundlichkeit, Reichweite und Betriebssicherheit und dabei die Dinge so einfach wie möglich zu halten. Auch geht es mir darum, die Kontrolle über Produkt und Technologie in den eigenen Händen zu behalten.“ Die Drohnen werden aus Lithium-Ionen-Akkus gespeist. „Je nach Konfiguration, Zuladung und Umgebungsbedingungen sind“, so Schachner, „Reichweiten von bis zu 100 Kilometern möglich.“ Ein Spezifikum seiner Lösung, so Schachner, sei die Signalübertragungs- und Steuerungstechnik. Sie unterscheide sich von herkömmlichen Ansätzen und beruhe auf einer speziell entwickelten, verschlüsselten Steuerungslösung. Details wolle er derzeit bewusst nicht öffentlich nennen. Eine besondere Herausforderung für einen effizienten Drohneneinsatz würden die in Österreich doch sehr strengen Regulatorien darstellen. „In einer gezielten, auf medizinische Einsatzgebiete begrenzten Öffnung, wie sie etwa in der Schweiz bereits umgesetzt wurde, sehe ich eine große Chance, moderne Technologien im Gesundheitsbereich effizient nutzbar zu machen“, merkt Schachner an. In Ländern wie den USA oder China sei die gesetzliche Lage ohnehin wesentlich freizügiger. Wichtig ist Schachner in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass alle Flüge im Rahmen der geltenden Vorschriften erfolgen. „Auch wenn ich in der Automatisierung Potenzial sehe – aktuell liegt der Fokus auf regulatorischer Umsetzbarkeit sowie größtmöglicher Sicherheit und Verlässlichkeit unter den vorgegebenen und verordneten Rahmenbedingungen.“ Schachners Wunsch nach einer begrenzten Lockerung der Regularien für medizinische Einsatzerfordernisse ist dabei gar nicht einmal uneingeschränkt in seinem eigenen Interesse. „Die komplexen Regularien schützen uns nämlich auch vor einem Markteintritt global agierender Konzerne, denn das tut sich von denen unter diesen Voraussetzungen kaum einer an.“ Doch schlussendlich gehe es auch darum, Österreich und Europa von den Benefits moderner Technologien nicht abzukoppeln.
Fotos: Oliver Wolf
