
Volle Kraft voraus für die Betriebe!
Mit bewährten und neuen Kräften an der Spitze starten die sieben Sparten der WKO Steiermark in die nächste Periode. „SPIRIT of Styria“ fragte bei den Obleuten nach: Wo sehen diese aktuell die größten Herausforderungen für die Betriebe, wo setzen sie ihre Schwerpunkte und welche Maßnahme gehört sofort umgesetzt?

„Vier-Tage-Woche für Lehrlinge möglich machen“
Herausforderung: An erster Stelle steht die Finanzierungsproblematik, die sich noch weiter zugespitzt hat. Das betrifft zahlreiche Betriebe in unserer Sparte. Auch die Bürokratie wird für die Unternehmen zunehmend zum Problem. Wir werden förmlich erdrückt von den gesetzlichen Anforderungen. Und dann gibt es natürlich das Thema der fehlenden Fachkräfte: Vom Lehrling bis zum Meister suchen die Unternehmen nach motivierten Mitarbeitern.
Schwerpunkt: Das leitet sich natürlich aus den genannten Herausforderungen ab, denn Finanzierung, Bürokratie und Fachkräfte sind und bleiben die dominierenden Themen. Eines ist aber für alle Bereiche gleich wichtig, nämlich eine funktionierende und offene Kommunikation zwischen allen Beteiligten und in alle Richtungen, vor allem auch Richtung Politik und Verwaltung, um die anstehenden Probleme zu bewältigen
Maßnahme: Die Aufrechterhaltung der Lehrlingsförderung, so wie sie aktuell den Betrieben zur Verfügung steht. Denn wir haben rückläufige Lehrlingszahlen und wir müssen alles tun, um die Lehrausbildung attraktiv zu halten. In diesem Zusammenhang muss endlich auch die Vier-Tage-Woche für Lehrlinge möglich werden. Im Baubereich beispielsweise wollen viele Betriebe flexibler arbeiten, etwa mit einer Vier-Tage-Woche. Mit Lehrlingen geht das aber nicht, weil er fünf Tage im Betrieb sein muss. Das ist nicht mehr zeitgemäß und entspricht auch nicht den Wünschen der jungen Menschen.

„Strompreiskompensation so wie in anderen Ländern!“
Herausforderung: Unsere heimischen Industriebetriebe sind aktuell in einer Art Doppelmühle: Deutlich gestiegene Arbeits- und Energiekosten beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit, gleichzeitig verringert sich in vielen Bereichen die Nachfrage. Dies trifft die exportorientierte steirische Industrie mit rund 75% Exportquote besonders hart, verstärkt zusätzlich auch noch durch eine überbordende Bürokratie. Hier hat die EU mit „Omnibus“ ein Zeichen in Richtung Vereinfachung gesetzt – sinnvoller wäre es freilich, sich vorher die Auswirkungen im Detail ganz genau anzuschauen als danach teuer reparieren zu müssen.
Schwerpunkt: Im Fokus der industriellen Interessenvertretung steht konsequenterweise die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Standortes. Aktuell sehe ich die Schwerpunkte der Arbeit vor allem im Energie- und Personalbereich, um wieder international konkurrenzfähig zu sein. An vorderster Stelle ist hier die Strompreiskompensation zu nennen, die in anderen Industrienationen in unserem Umfeld bis zumindest 2030 bereits fixiert ist und deren Position sie erfolgreich stärkt. Ebenso gilt es, der überbordenden Bürokratie entgegenzuwirken, damit sich die Betriebe wieder auf ihre Produkte, Märkte und Innovationen konzentrieren können.
Maßnahme: Die steirische Industrie trägt über 40% zur regionalen Wertschöpfung bei, mit einer Forschungsquote von über 5% sind wir Weltklasse – diese Stärken gilt es, weiter auszubauen und die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, siehe die Themen Entbürokratisierung, Lohnstück- und Energiekosten, insbesondere die erwähnte Strompreiskompensation. So können die wichtigen Investitionen in die Zukunft wieder angekurbelt und die Konjunktur ins Laufen gebracht werden.

„Überbordende Vorschriften dringend abschaffen“
Herausforderung: Die größte Herausforderung sehe ich derzeit in der großen Verunsicherung, die in der Bevölkerung aufgrund aktueller geopolitischer Ereignisse herrscht. Diese führt zu massiver Kaufzurückhaltung und sinkenden Handelsumsätzen. Der steirische Handel war stets – und bleibt es auch in diesen Zeiten – ein stabiler, regionaler Arbeitgeber, der über 75.000 Menschen beschäftigt und rund 1.750 Lehrlinge in mehr als 1.000 Handelsbetrieben ausbildet. Billiglieferungen aus dem EUAusland, teilweise überbordende Bürokratie sowie lange Verfahrensdauern stellen große Herausforderungen für unsere Betriebe dar. Die zunehmende Digitalisierung und den Einsatz von KI muss sich auch der Handel zunutze machen und darin eine Chance erkennen, Abläufe zu optimieren und Ressourcen noch besser einzusetzen.
Schwerpunkt: Gemeinsam mit allen Obleuten der Handelsgremien und dem neuen Team im Spartenpräsidium ist unser Fokus auf die Stärkung des steirischen Handels gerichtet. Kundinnen und Kunden müssen sich im Geschäft wohlfühlen und jene Rahmenbedingungen vorfinden, die ihnen die Auswahl und das Einkaufen erleichtern. Mit einer entsprechenden Onlinepräsenz sollen zusätzliche Käuferschichten angesprochen werden. Mit dem go-online Servicecenter der Sparte Handel begleiten wir unsere Betriebe dabei, diese neuen Trends und Möglichkeiten in die eigenen Unternehmenskonzepte zu integrieren.
Maßnahme: Bürokratieabbau soll seitens der Politik nicht nur ein Lippenbekenntnis sein, sondern endlich auch in Taten umgesetzt werden. Lange Verfahrensdauern sowie unverständliche und überbordende Vorschriften müssen dringend abgeschafft werden. Nur mit einem funktionierenden Handel kann unser Wohlstand sowie Arbeitsplätze und Ausbildung vor Ort gesichert werden.

„Müssen die Konjunkturlok in Fahrt bringen“
Herausforderung: Als Herausforderung für die Branche wie auch für die Wirtschaft insgesamt gilt es derzeit, Investitionen zu forcieren. Die Finanzindustrie als Blutkreislauf der Volkswirtschaft gestaltet die Zukunft unseres Landes entscheidend mit. Dazu bedarf es aber der passenden Rahmenbedingungen – allen voran wettbewerbsfähige Energie- und Personalkosten, Verfügbarkeit von Fachkräften, funktionierende Lieferketten, Forschung & Entwicklung und damit Innovation, vor allem aber auch eine einfache(re) Bürokratie. Nun gilt es rasch, die richtigen Weichen zu stellen, um die Konjunktur wieder anzukurbeln.
Schwerpunkt: Die Rolle und Bedeutung von Banken in den Regionen weiter stärken. Denn diese leisten gesamtwirtschaftlich Essenzielles und werden dabei allzu oft und ungerechterweise in ein schlechtes Licht in der Öffentlichkeit gerückt. Daher will ich die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leistungen verstärkt hervorkehren: Banken schaffen örtliche Infrastruktur, sind vor Ort mit Beratungsleistung und Bargeldversorgung für die Menschen da, haben durch jahrelanges Know-how regional-spezifische Kenntnis der Lebenswelt der Kunden und sind verlässlicher Arbeitgeber sowie Partner für Institutionen und Organisationen.
Maßnahme: Weniger Bürokratie in allen Bereichen bringt rasch Entlastungen. Damit können sich Unternehmen auf ihr Geschäft konzentrieren. Wichtig wären ebenso gezielte Anreize für Investitionen, um den Kreislauf zu stimulieren und dem Land mit Wachstum Mehreinnahmen zu bringen. Schließlich gilt es noch, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft innerhalb Europas sowie darüber hinaus zu stärken. Mit Rat, Tat und dem Vertrauen auf unsere bisherigen Erfolge wird es gelingen, die Weichen zu stellen und die Konjunkturlok in Fahrt zu bringen.

„Ausbau von Highpower-Chargern Gebot der Stunde“
Herausforderung: Die Sparte Transport und Verkehr ist eine sehr heterogene Sparte. Die Fachgruppe der Seilbahnen hat Herausforderungen im Bereich des Klimawandels und geänderter touristischer Prioritäten. In der Güterbeförderung sind die Konkurrenzsituation gegenüber Unternehmen aus dem Ausland sowie innerösterreichisch die zunehmende Flut an Lkw-Fahrverboten ein Thema. Dem versucht man mit der Entwicklung einer eigenen Fahrverbots-App entgegenzuwirken. Im Omnibus-Bereich werden maßgeschneiderte Angebote für die Trends im Tourismus geschaffen, im Linienbereich haben sich Ausschreibungen zu einem beinharten Preiswettbewerb entwickelt. Bei den Speditionen sind es die internationalen Herausforderungen rund um Zollbestimmungen und Lieferkettenthematiken weltweit. Bei den Taxis wurden große Projekte umgesetzt wie Krankenbeförderung mit Taxis oder ein praxisnaher Schülerbeförderungstarif. Einem steten Wandel ist auch der Tankstellensektor unterworfen, wo beim Thema Ladeinfrastruktur neue Wege bestritten werden. Die Fahrschulen sind mit dem Thema E-Mobilität und den notwendigen gesetzlichen Anpassungen in den Ausbildungsvorschriften konfrontiert.
Schwerpunkt: Spartenübergreifend relevant ist das Thema Schienen- und Straßeninfrastruktur. Bei der Schiene sind der zweispurige Ausbau nach Spielfeld, der vierspurige Ausbau Graz-Bruck und der Neubau des Bosruck-Tunnels Richtung Linz im Fokus. Auf der Straße ist so schnell wie möglich der dreispurige Ausbau der A9 südlich von Graz umzusetzen.
Maßnahme: Wie im vorigen Punkt angesprochen, zählt der Ausbau der Infrastruktur zu den wichtigsten Anliegen für die gesamte Sparte, neben dem Ausbau der Straßen- und Schieneninfrastruktur ist der schnelle Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur mit High-Power-Chargern das Gebot der Stunde.

„Vollständige Abgabenfreiheit von Trinkgeldern“
Herausforderung: Die größten Herausforderungen liegen derzeit insbesondere in der dringend notwendigen Deregulierung bzw. Entbürokratisierung, um Betriebe administrativ zu entlasten und Handlungsspielräume zu schaffen. Zudem stellt die Sicherstellung eines ausreichenden Arbeitskräfteangebots eine zentrale Aufgabe dar, um dem anhaltenden Fach- und Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Ein weiteres wesentliches Thema ist die Schaffung von Rechtssicherheit im Umgang mit Trinkgeldern – hier besteht aus Sicht der Betriebe erheblicher Klärungs- und Handlungsbedarf.
Schwerpunkt: Mir ist wichtig, nicht nur Probleme zu benennen, sondern auch echte Lösungen auf den Tisch zu legen. Deshalb werden wir künftig einen klaren inhaltlichen Schwerpunkt darauf setzen, wie praktikable und faire Regelungen beim Thema Trinkgeld aussehen können, wie wir die dringend nötige Deregulierung wirklich erreichen und wie wir den Arbeitsmarkt so gestalten, dass unsere Betriebe wieder genug motivierte Fach- und Arbeitskräfte finden. Diese Themen gehen uns alle an – und wir werden sie mit Nachdruck vorantreiben!
Maßnahme: Eine rasche und spürbare Entlastung würde die vollständige Abgabenfreiheit von Trinkgeldern bringen – also jenen Beträgen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern direkt für ihre Serviceleistung erhalten. Das wäre ein klares Signal der Wertschätzung gegenüber dem Personal, würde die Attraktivität der Branche steigern und gleichzeitig für mehr Fairness und Rechtssicherheit sorgen.

„Cyber-Resilienz wird zum kritischen Faktor“
Herausforderung: Steuern und Abgaben, Energiepreise, Bürokratie und Verwaltung und die schwache Kundennachfrage belasten die Unternehmen, die Arbeitskosten sind ebenfalls eine große Herausforderung. Nachhaltigkeit schafft zwar künftig klare Wettbewerbsvorteile – viele Unternehmen der Sparte nehmen bereits an der freiwilligen Erfassung von Nachhaltigkeitsdaten teil –, bindet aber auch große Personalressourcen im Unternehmen.
Schwerpunkt: Bei Cybersecurity und KI haben wir mit unseren Betrieben die Nase vorn, schließlich sind die Vorzeigebranchen in Sachen IT-Sicherheit und digitaler Transformation in unserer Sparte angesiedelt. Die Digitalisierung wird den kommenden Generationen den Weg vorzeichnen und neue Märkte erschließen. Cyber-Resilienz rückt immer stärker in den Fokus, das Thema wird zu einem kritischen Faktor für Standort und Gesellschaft werden. Forschung, Technologie und Innovation sind zentrale Hebel und ein Turbo für Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Unsere Mitgliedsunternehmen sind dabei die stillen, aber wesentlichen Helfer im Hintergrund. Als Multiplikatoren und Innovationstreiber stehen sie den heimischen Betrieben quer über alle Branchen zur Seite und entwickeln Perspektiven für die Zukunft.
Maßnahme: Lohnnebenkosten und Bürokratie sind die Bremsklötze für die wirtschaftliche Entwicklung. Der Fachkräftemangel, der bereits unsere Betriebe in den Branchen Entsorgungs- und Ressourcenmanagement, Ingenieurbüros, Druck oder IT massiv betrifft, wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen. Im Jahr 2030 rechnen wir österreichweit mit 35.000 fehlenden Fachkräften. Es ist an der Zeit, dass die Regierung dringend Impulse zur (Bürokratie-)Entlastung und zur Stärkung des Arbeitsmarktes setzt.
Fotos: iStock, WKO Barbara Majcan, KK